ALTERNATIVE
FUTTERMITTEL
Eine Ernährung von Hauskaninchen mit frischem Wiesenfutter als ständige Hauptnahrung
bedeutet unter Umständen einen sehr großen Bedarf dessen, sowie einen entsprechenden
Zeitaufwand. Insbesondere im Winter oder bei hohem Tierbestand (Jungtiere im Wachstum!)
werden hier schnell Grenzen erreicht. Um dennoch den Bedürfnissen der Tiere gerecht zu
werden, sollte ihnen stets hochwertiges Heu zur Verfügung stehen. Optional kann zusätzlich
weiteres Strukturfutter (z.B. eine Mischung aus verschiedensten getrockneten Kräutern,
Gräsern, Rinden und Wurzeln, sowie Saaten) angeboten werden.
KLEINE HEUKUNDE
Heu enthält im Vergleich zu frischer Wiese in der Regel weniger Nährstoffe, Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe. Der Rohfasergehalt ist aufgrund des fehlenden Wassers relativ hoch (Heu ca. 26%, frisches Wiesengrün ca. 5%), was die Aufnahmezeiten erheblich verlängern kann - in diesem Zusammenhang zeigen Untersuchungen, dass beim Fressen von Heu sehr hohe Kaumuskel- und daraus folgend Kieferbelastungen zu verzeichnen sind (aus: Rühle 2017). Gleichzeitig sorgt ein hoher Fasergehalt für eine schnelle Darmpassage, und damit verkürzt sich die Zeit, um Nährstoffe aus dem Nahrungsbrei zu ziehen.
In dieser Kombination ist eine Deckung des täglichen Nährstoff- und Vitaminbedarfs mit einer überwiegenden Heufütterung kaum, bzw. mit einer alleinigen Heufütterung nicht möglich. Problematisch kann auch der relativ hohe Mineralstoffgehalt (Ca, P, Mg) aufgrund des fehlenden Wassers werden. Ein sehr hoher Rohfaseranteil in der gesamten Nahrung fördert außerdem Erkrankungen des Verdauungstrakts, und insbesondere ein Zuviel des holzigen, unverdaulichen Lignins kann die Darmschleimhaut von Kaninchen massiv schädigen (aus: Rühle 2021/74; siehe auch Patton & Cheeke 1981; Chiou et al. 1994; Yu & Chiou 1996).
Ein klarer Vorteil von Heu ist seine leichte Beschaffbarkeit, es ist aber aus oben
genannten Gründen kein gleichwertiger Ersatz für frisches Grünfutter. Dennoch
stellt es mit einer vielfältigen Zusammensetzung eine sinnvolle
Nahrungsergänzung dar.
Hochwertiges Heu wurde schonend getrocknet (möglichst wenig
mechanische Belastung), beinhaltet dadurch immer noch relativ viele blättrige Bestandteile und hat bis auf das fehlende Wasser eine Zusammensetzung, die jener von frischem Wiesengrün ähnlich ist.
Neben der Artenvielfalt, sowie den Standort- und Bodenverhältnissen haben auch
der Zeitpunkt und die Anzahl der Schnitte Einfluss auf die Heuqualität. Der erste
Schnitt enthält in der Regel viele schwer- und unverdauliche Fasern, weil das Grün
sehr lange "auf dem Halm steht". Der zweite und die folgenden Schnitte dagegen
erfolgen recht früh im Wachstum, so dass die Pflanzen bei der Mahd nicht sehr alt
sind. Dieses Heu hat eine feine Struktur und ist reich an Blattmasse, außerdem
enthält hier das frische Schnittgut einen hohen Gesamt-Carotingehalt. Beim ersten
Schnitt kann allerdings der Gehalt an essentiellen omega-3-Fettsäuren deutlich
höher sein als bei den Folgeschnitten. Deshalb eignet sich eine Mischung aus erstem
und zweitem Schnitt besonders gut für Kaninchen (ansonsten bevorzugt zweiter Schnitt).
Auch die Trockendauer und die Witterung (Feuchtigkeit, Lichtverhältnisse) während
des Trocknens haben einen Einfluss auf die Heuqualität: sonnengetrocknetes Heu
weißt teilweise einen hohen Gehalt an Vitamin D3 auf (aus: Rühle 2017), während
andere Vitamine oder auch sekundäre Pflanzenstoffe beim Trocknen im Schatten
eher erhalten bleiben. Eine lange Trockenzeit unter ungünstiger Witterung kann
Ursache für einen deutlichen Vitaminverlust (z.B. β-Carotin) sein.
Schließlich treten auch bei der nachfolgenden Lagerung von Heu Vitaminverluste
auf, insbesondere von β -Carotin und Vitamin E.
Um eine gute Qualität möglichst zu bewahren, sollte Heu lose sowie vor Nässe und Sonneneinstrahlung geschützt gelagert werden.